Menschen verschwinden, wenn sie am meisten gesehen werden wollen.
Jess Walker, das mittlere Kind einer bürgerlichen Familie, hat die Kunst des Verschwindens in aller Deutlichkeit perfektioniert. Aber als sie unter grauem, ostenglischem Himmel auf ihrem Universitätscampus ankommt, erstrahlt ihre Welt in Farbe. Jess wird in eine eng verbundene Gruppe von Regelverstößen hineingezogen – angeführt von ihrer Dozentin Lorna Clay – und beginnt, mit einer neuen Version von sich selbst zu experimentieren. Aber die Dynamik zwischen den Freunden beginnt sich zu verdunkeln, als sie Geheimnisse, Liebhaber und schließlich eine Tragödie teilen. Bald muss sich Jess der Frage stellen, vor der sie sich am meisten fürchtet: die sie am meisten fürchtet: Was sind die wahre Preis eines außergewöhnlichen Lebens?
– Bloomsburry Verlag
Anmerkung: Ich habe den englischen Klappentext für dich übersetzt, da der Deutsche zu viel spoilert.
GEDANKEN ZU „DIE LÜGNER“
Das Konzept dieses Buch sprach mich sofort an: Jess Walker nimmt an einem literaturtheoretischen Kurs über Agatha Christie teil, nur um sich irgendwann selbst in einem Krimi wiederzufinden. Das ist zumindest der Versuch, aber DIE LÜGNER ist weder ein Krimi noch sonderlich spannend oder auf eine andere Art spektakulär.
Das Buch ist dagegen leider ein überzeichnetes Liebesdreieck, gepaart mit Verlangen und teilweiser Besessenheit, gefolgt von einer (nicht immer ganz schockierenden) Abfolge von Verrat, Geheimnissen und Lügen. Der Klappentext – sowohl deutsch als auch englisch – wirkt weitaus tragischer, als es am Ende ist. Und nicht nur das – es wurden so viele kritische Themen angesprochen, als wären sie selbstverständlich und als könnte man sie einfach problemlos mit ein paar Seiten aufklären.
Darüber hinaus wird die Story schnell klischeehaft: Das stille Mäuschen hat eine Freundin, die viel attraktiver und charmanter ist, verliebt sich in einen Mann mit unendlich vielen Geheimnissen und verehrt eine Literatur-Professorin, deren Leben ebenfalls aus einer Reihe von Geheimnissen besteht. Kate Weinberg hätte mit all diesen Rollen spielen und so viel rausholen können – die idealisierte Dozentin, der charismatische Liebhaber, die aufregende neue Freundin. Aber nichts davon habe ich der Autorin abgenommen, vieles wirkte zu konstruiert, zu sehr gewollt. Besonders Jess Gefühle waren nie verständlich. Es wird z. B. die ganze Zeit gesagt, dass Lorna und Alec wie Magneten auf Jess wirken, aber es wird nie verdeutlicht warum, also welche Charaktereigenschaften Alec oder Lorna haben, dass Jess immer wieder bei den beiden landet. Ich habe der Autorin diese angebliche Anziehungskraft einfach nicht abgenommen. Auch die Dynamik zwischen dem Freundeskreis Jess – Alec – Georgie – Nick war nicht wirklich vorhanden, sondern wirkte eher, als wären sie Studenten, die sich mal in einem Kurs begegnen, aber sonst nichts miteinander zu tun haben.
Durch die sehr glanzlose und schnell in Vergessenheit geratene Protagonistin Jess wirkte auch die Handlung langweilig. Die anderen Charaktere sind nicht besser. Auch sie sind entweder klischeebehaftet, zu blass (z. B. Nick) oder beides gleichzeitig (z. B. Georgie). Selbst der ständige Versuch sie durch unterschiedliche Arten des Verrats sympathisch erscheinen zu lassen und Mitleid für sie zu erzeugen, scheitert. Das Buch zog sich für mich viel zu oft in die Länge und die Handlung wurde immer wieder durch Nichtigkeiten, die in keinerlei Zusammenhang stehen, unterbrochen. Lediglich die letzten 80 Seiten wirken spannend und etwas actionreich.
KURZ & KNAPP
DIE LÜGNER hätte so gut werden können. Am Ende war die Story zu lang gezogen, unterbrochen von Nichtigkeiten und mit sehr wenig Spannung. Die Charaktere erzeugen keinerlei Sympathie, wirken blass und klischeehaft. Das Buch ist eine Abfolge von Geheimnissen und ein viel zu überzeichnetes und unglaubwürdiges Liebesdreieck. Am Ende war das einzige, was ich mochte, der Schreibstil, weil er passend zum Ausgangspunkt der Story, nämlich dem Literaturstudium, passte und sehr eindrucksvolle Beschreibungen aufwies.
Insgesamt
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Handlung - 1/10
1/10
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Charaktere - 1/10
1/10
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Schreibstil - 6/10
6/10
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Spannung - 4/10
4/10
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Emotionen - 3/10
3/10
Bibliografie
Bold Verlag – ET: Februar 2020 – 400 Seiten – Einzelband – Hardcover – 18,00 EUR
Originaltitel: The Truants – übersetzt von Alexandra Ernst
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